vom 23.05.2008
Das
Leben der Wikinger "live"
in Leoben
Bis einschließlich Sonntag
gewähren neuzeitliche Wikinger
in einem Lager am Stadtkai in Leoben
noch Einblicke in das Leben ihrer
Idole, das sie authentisch und mit
großer Leidenschaft leben.
Foto: Johanna Birnbaum
Der Boden ist aufgeweicht, Regenwolken
nähern sich vom Süden, doch
die Sonne lässt sich nicht beirren,
wird immer stärker. Im Wikingerlager
am Stadtkai in Leoben ist es noch
ruhig. Kein Wunder, es erwacht ja
erst. Es ist elf Uhr und grüppchenweise
sind Schüler zu sehen. Einige
in Reih und Glied, andere gönnen
sich eine Jause und wieder andere
betrachten neugierig Schwerter und
Schmuck.
"Ich
mag die Wikinger, weil sie so toll
kämpfen konnten." "Ich
finde die Schiffe ganz super."
"Ich mag das Gewand und die Rüstungen",
Fabian, Alexander, Oliver, Laurens
und Thomas, allesamt Volksschüler
aus St. Marein im Mürztal, zählen
eifrig alles auf, was sie an den Männern
aus dem hohen Norden, die Europa und
vor allem auch Russland eroberten,
interessant finden.
Wikingersein
in Leoben leben. Aus Russland kommt
auch Ekatarina Michailowa, die gemeinsam
mit ihrem deutschen Mann Klaus Hienstorfer
und einem Freund das Wikingersein
in Leoben lebt. "Durch meine
Frau waren wir auch schon einige Male
dort und werden auch im Juli wieder
dorthin reisen. Wir leben das Leben
der so genannten ,Kiewer Rus', wie
die schwedischen Wikinger in Russland
genannt wurden", erzählt
Hienstofer. Seine Frau zeigt stolz
ihr selbst genähtes und verziertes
Schürzenkleid, einen Sarafan.
International.
Ein Duft von Lagerfeuer und Geröstetem
streift die Nase. Ein Thüringer
namens Martin mit steirischen Wurzeln,
dessen Ahnen im 30-jährigen Krieg
nach Deutschland kamen, knetet Wasser
und Mehl, schiebt den Teig auf Steckerl
und gibt diese den wartenden Kindern,
die daraufhin mit großer Begeisterung
ihr eigenes Brot über einem Lagerfeuer
backen.
Bei
Wikingerfesten vertreten. Gleich nebenan
werden Eier, Radieschen und andere
Zutaten zu einer Art Aufstrich vermischt.
Eine polnische Gruppe, deren Mitglieder
aus Breslau, Stetin, Posen und Warschau
kommen, ist zum ersten Mal bei einem
solchen Lager in Österreich vertreten.
Michal Sadowski, im Zivilberuf Informatiker,
ist der Sprecher der Gruppe, die unter
anderem auch schon in Hastings in
England, in Schweden und in Holland
bei großen Wikingerfesten vertreten
war. Das Wikingerleben in der Freizeit
ist für ihn und seine Kollegen
etwas Besonderes: "Es ist nicht
Urlaub, es ist einfach eine Lebensart",
erklärt er.
Grazer
Mittelalterverein. Schwere Helme,
Schwerter, Äxte und Kettenhemden
gibt es nebenan, bei der Freikampf-Gruppe
des Grazer Mittelaltervereins "Bluot
zi Bluoda". Es wird nicht nur
eindrucksvoll gekämpft, es wird
auch sonst Hand angelegt. Helmut Siedl
näht ein Hemd, Dominik Nitz poliert
eine Speerklinge, Katharina Ganster
besorgt die gegenwärtige Buchhaltung,
während Michael Wegleitner und
Richard Hislmayr sich auf den nächsten
Kampf vorbereiten. Es trudeln immer
mehr Besucher ein, um sich das Leben
der Wikinger anzuschauen.
JOHANNA BIRNBAUM
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