DIE
GESCHICHTE dreier junger Leute...
warum
man Wikinger wird und ist, und warum diese
drei Geschichte erlebbar machen wollen.
Zuerst
ist da einer, dem später der Name Hjalti
(ein Schiffsführer aus den Island Sagas)
gegeben werden soll. Wie fast alle ist er
am Anfang als Tourist und Besucher dabei.
Auf Usedom ergibt sich 1996 ein Kontakt zu
Burkhart Pieske, der mit seinem Wikingerschiffnachbau
auf der alten Route der Nordmänner bis
nach New York gesegelt ist. Für ihn fährt
er eine Zeit lang das Schiff mit dem LKW auf
Ausstellungen. Ausserdem hilft er, wenn Not
am Wikinger ist, auf dem Racesburg-Wylag im
Metstand aus.
Die Verwandlung geht schnell, vom Zuschauer
zum Akteur. Zunächst nur in Gewandung,
ein Jahr später, zu Pfingsten, bereits
mit eigenem Zelt auf Usedom.
Auf einem Torfrockkonzert in Glücksstadt
findet Hjalti Anschluss an die Hammaburgsippe,
mit der er eine Weile auf Lager fährt.
Hjalti jedoch, seit frühen Zeiten kein
Vereinsmensch, trennt sich nach einiger Zeit
wieder von ihr. Seine Fähigkeit, etwas
Eigenes auf die Beine zu stellen, nimmt ein
Jahr später in Peenemünde auf Usedom
und auf der Hanse-Sail in Warnemünde
zunächst die Form eines eigenen Metstandes
an. Als Co-Organisator wirkt Hjalti unterstützend
beim 1. Wikingerlager zur Hanse-Sail´99
in Warnemünde mit, ein Jahr später
sollte ihm die alleinige Organisation übertragen
werden.
Im Jahr 2000 in Peenemünde wurde er,
wie viele andere auch, dermaßen von
der Orga enttäuscht (Wikingerlager zwischen
den alten Rote Armee-Baracken), dass er beschloss,
auf solchen Plätzen darf es nie wieder
ein Wikingerlager geben. Als er für Svart,
der aus persönlichen Gründen verhindert
war, die Organisation für das Wikingerlager
zum 9. Burgfest in Neustadt-Glewe durchführte,
musste er erkennen, das er durchaus das Potential
hat, mehr zu sein als nur ein Metschenk. Ohne
seinen Einsatz hätte das Wikingerlager
zu Usedom 2002 nicht stattgefunden.
Wikingerlager alleine zu organisieren liess
ihn schnell erkennen, dass er tatkräftige
Unterstützung brauchte. Die fand er dann
auch prompt im Frühjahr des gleichen
Jahres in der Person von Vera. Als Lagermutti
ist sie für die großen und kleinen
Nöte der Teilnehmer immer ansprechbar.
Ausserdem hat sie die Finanzen fest im Griff.
Vera, die durch ihren Bruder zunächst
Kontakt mit Rollenspielen hatte, lernte beim
Absolvieren ihres Freiwilligen Ökologischen
Jahres Wolfgang kennen, der sich sowohl mit
Rollenspielen als auch mit den nordischen
Völkern und ihrer Geschichte beschäftigt.
Vera wird eine Marktgängerin, eine Touristin,
die aber schnell einen intensiven Kontakt
zu den Schaustellern aufbaut und schon bald
als Gewandete die Lager besucht. Durch ihr
Verständnis für organisatorische
Abläufe und ihre Hilfsbereitschaft rutscht
sie schnell in die freie Stelle der Assistenz
und der Finanzverwaltung an Hjalti´s
Seite.
Wolfgang selbst, der als letztes zu den Wikis
stößt, und sich mittlerweile den
Name Bleiz zugelegt hat, kommt eher aus der
Liverollenspielszene. Mit dem Wunsch nach
mehr Originalität und echtem Lagerleben
verschafft Vera ihm die Möglichkeit,
2002 in Usedom dabei zusein. Bleiz besucht
in diesem Jahr mehr Lager als je zuvor und
gewinnt mehr und mehr Gefallen an der aktiven
Teilnahme. Durch den engen Kontakt zu Hjalti
und Vera wird schnell klar, dass er sie mit
seinen Fähigkeiten, auf Menschen zuzugehen,
und durch sein umgängliches Verhalten
prima unterstützen kann.
So ergab es sich, das die drei einen Entschluss
fassten: Die Bildung eines festen Orga-Teams,
das sich zur Aufgabe gemacht hat, gute Wikingerlager
an besonders schönen Plätzen zu
organisieren. Bleiz, der Kontakte zu den Veranstaltern
knüpft und für die Pressearbeit
zuständig ist, betritt auf dieser Ebene
ein für ihn völlig neues Gebiet.
Eine
Frage ist jedoch noch nicht beantwortet. Das
Warum. Warum opfern die drei ihre Freizeit
um Wikingerlager zu organisieren?
Alle Drei haben hier ihren Platz in der Szene
gefunden, sie fühlen sich dazu berufen,
etwas Besonderes und Ausgefallenes, etwas
anderes zu machen. Sie haben die Last und
Freude der Organisation auf sich genommen,
weil sie überzeugt sind, dass nur jemand
aus der Szene ein Lager so organisieren kann,
wie es den Teilnehmern und Zuschauern gerecht
wird. Nur so kann auf die Bedürfnisse
der Teilnehmer eingegangen werden, denn Wikinger
sind ein besonderer Schlag von Individualisten.
Durch ihren ganz eigenen Idealismus hat so
ein Wikingerlager eine besondere Eigendynamik,
die man durch einen zu stammen Programmablauf
zerstören würde.
"Was
wir wollen, ist Geschichte erlebbar zu machen,
ein Lager aufzubauen, wie es vielleicht vor
tausend Jahren an irgendeinem Strand irgendwo
in Europa aufgeschlagen wurde. Dabei legen
wir Wert auf die größtmöglichste
Authentizität. Ziel ist es, die Lager
so originalgetreu wie möglich zu gestalten.
Das Hintergrundwissen dazu erarbeiten wir
uns durch das Studium von Fachliteratur und
Museumsbesuchen. Auch "experimentelle
Archäologie im Kleinen" kommt zum
Einsatz.
Wir sind stets auf der Suche nach guten Handwerkern,
die ein altes Handwerk für den Zuschauer
erlebbar und begreifbar machen können.
Es liegt uns am Herzen nicht als kommerzieller
Markt verstanden zu werden, sondern vielmehr
als Kunsthandwerkerlager bzw. lebendiges Museum.
Wir legen ganz besonders Wert auf gute Darstellung.
Ziel ist es, durch Vorführung der Lebensweise
der Wikinger und dem Erzeugen von Gebrauchsgegenständen
des alltäglichen Lebens wie Schmuck,
Kleidung, Lederwaren, Waffen und so weiter,
dem Publikum gerecht zu werden.
Desweiteren werden Spiele und Aktionen, zum
Beispiel Bernsteinschleifen für Kinder,
angeboten. Wir bieten den Besuchern neben
der abendlichen Lagerfeuerromantik einen Ausflug
in eine vergangene Zeit an, zum Staunen und
Lachen, zum Diskutieren und Feilschen. Wir
glauben, dass der moderne Mensch das Abenteuer
sucht, mal aussteigen möchte, mal flüchten
aus der Zivilisation des Alltags. Wir machen
Abenteuer, zumindest im kleinen Rahmen, erlebbar.
So geht unserer Meinung nach von einem Showprogramm
mit Feuerspuckern, Tänzern, Musikern,
Gauklern und Geschichtenerzählern eine
grosse Faszination aus.
Ein Highlight des Lagers sind natürlich
die Krieger mit ihren Schiffen, die unter
strengen Sicherheitskriterien die Kampfesweise
der Wikinger eindrucksvoll vorführen.
In einem "Rollenspiel" werden die
Besiegten vor dem Thinggericht, unter Anrufung
der Götter, gerichtet, und ein Urteil
wird gesprochen.
Auch wurde schon einmal eine Wikingerhochzeit
gehalten, auf die Art und Weise, wie sie vielleicht
schon vor 1000 Jahren gehalten wurde. Auf
diese Weise wird dem geneigten Publikum nicht
nur die Gerichtsbarkeit nähergebracht
und erklärt, sondern auch die Wichtigkeit
der bei den Wikingern zumindest bis ins 10.
Jh. vorherrschenden nordischen Religion vermittelt.
Viele Menschen fühlen sich angesprochen
von dem Flair, draussen unter freiem Himmel
zu leben und bleiben durchaus das ganze Wochenende
auf dem Lager. Einige werden, so wie es auch
uns einmal geschah, angesteckt von dem Mittelaltervirus,
und man wird sie auf anderen Märkten
und Lagern als Besucher und vielleicht sogar
als Akteure wiedersehen.
Leider wird es immer schwieriger, solche Lager
zu organisieren. Hauptsächliches Problem
ist die Geldknappheit der Gemeinden, die gerne
so eine Veranstaltung durchführen möchten.
Da wir mit unserem Lager aber keinen kommerziellen
Anspruch hegen, muss den Mitwirkenden eine
Gage gezahlt werden, die oft nur wenig mehr
als die Fahrkosten decken kann. In vielen
Dingen, die eigentlich in den Aufgabenbereich
des Veranstalters fallen, sind wir auf uns
allein gestellt.
Oftmals wird ein Wikingerlager von Städten
und Gemeinden mit Skepsis betrachtet, weil
es unerwünschte Besucher anziehen könne.
Als Organisatoren und Mitwirkende distanzieren
wir uns daher von vornherein von allen extremen
Gruppierungen. Solange aber niemand das Marktrecht
verletzt, sei er willkommen.
Uns ist es wichtig, Traditionen wiederzubeleben
und fortzuführen. Wikingerlager sollen
zu regelmäßigen Terminen an festen
Orten und zu Sail-Veranstaltungen vielleicht
nicht nur in Warnemünde stattfinden.
Wir hoffen, für das Jahr 2003 und natürlich
auch die folgenden Jahre noch mehr schöne
frühmittelalterliche Lager machen zu
können und erlebbare Geschichte weiter
zu verbreiten und zu vermitteln."
Orgateam-Wikingerlager
So
erschienen
als Artikel in der
Zeitschrift KARFUNKEL
CODEX Nr. 1, 2003
Seiten 86 - 87,
und darf, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher
Genehming vom Orgateam
Wikingerlager - verwendt werden.

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